Rechtswissen: Unberechtigtes Parken auf Kundenparkplätzen

Frank Richter

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Frank Richter

Insbesondere Gewerbetreibende oder Freiberufler, die ihren Kunden Parkplätze bereitstellen wollen und sich durch die Bereitstellung der Parkplätze einen Wettbewerbsvorteil versprechen, aber auch der Privatmensch, der in der Innenstadt sich extra einen Parkplatz anmietet, um stundenlange Suchaktionen zu vermeiden, sind hiervon betroffen. Zwar könnte die Ordnungsmacht einschreiten, sie tut dies aber kaum. Dies schon, weil die Falschparker beim Eintreffen der Ordnungshüter in der Regel wieder weg sind und Polizei oder Gemeindevollzugsbedienstete die (Nicht-)Berechtigung selten feststellen können, obwohl die Ordnungsämter einschreiten könnten. Denn es ist von einer Belästigung im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO auszugehen (OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.1976 – 4 Ss Owi 330/751), nach Nr. 1.1 des BKatV könnten die Ordnungsämter hierfür 10,00 € pro Verstoß verlangen.

Unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung (OLGR Zweibrücken 1998, 1002) kann auch der Besitzer nach § 859 Abs. 3 BGB durch Abschleppmaßnahmen sich des Besitzes wieder bemächtigen (AG Augsburg, Urteil vom 20.12.2007, 22 C 5276/07, DAR 2008, 91), weil das Falschparken als sog. verbotenen Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB einzustufen ist. Entgegen dem Gesetzeswortlaut „sofort“ ist ein Abschleppen des störenden PKW am Abend des gleichen Tages, vier Stunden nach dem Abstellen oder sogar noch am folgenden Tag für zulässig erklärt worden (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 1. Aufl. 2006, § 859 Rn. 4). Die Abschleppkosten sowie Kosten der Vorbereitung des Abschleppvorgangs, nicht jedoch Kosten der Parkraumüberwachung, sind nach § 823 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 858 BGB vom Falschparker zu erstatten (BGH, Urteil vom 05.06.2009, V ZR 144/08 und Urteil vom 02.11.2011, V ZR 30/11). Doch - anders als in der öffentlichen Parkraumbewirtschaftung - werden die Abschleppunternehmen die Kosten für die Abschleppmaßnahme nicht beim Falschparker einfordern, sondern bei ihrem Auftraggeber. Die Kosten für die Abschleppmaßnahme kann sich der Parkplatzinhaber dann ggf. nach einem langwierigen Prozess von dem Falschparker erstatten lassen.

Das unberechtigte Abstellen von Fahrzeugen auf einem Kundenparkplatz stellt eine Besitzstörung bzw. eine teilweise Besitzentziehung dar. Diese darf der Besitzer der Parkflächen im Wege der Selbsthilfe beenden, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt. Hiermit kann er schon im Vorfeld eines Parkverstoßes ein darauf spezialisiertes Unternehmen beauftragen. Die durch den konkreten Abschleppvorgang entstandenen Kosten muss der Falschparker erstatten, soweit sie in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Parkverstoß stehen. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören nicht nur die reinen Abschleppkosten, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeugs, das Prüfen des Fahrzeugs auf Sicherung gegen unbefugtes Benutzen, dessen Besichtigung  von Inneren und Außen und die Protokollierung etwa vorhandener Schäden. Nicht zu erstatten sind hingegen die Kosten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs des Besitzers, weil sie nicht unmittelbar der Beseitigung der Störung dienen. Auch Kosten für die Überwachung der Parkflächen im Hinblick auf unberechtigtes Parken muss der Falschparker nicht ersetzen; ihnen fehlt der Bezug zu dem konkreten Parkverstoß, denn sie entstehen unabhängig davon.

Die Ersatzpflicht des Falschparkers wird durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Er hat nur diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Besitzers der Parkflächen machen würde. Maßgeblich ist, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen sind. Regionale Unterschiede sind zu berücksichtigen.  Dies muss notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden (BGH, Urteil vom 04.07.2014, V ZR 229/13).

Zunächst einmal muss der Parkplatzeigentümer das Geld also vorschießen. Das LG München I hat mit Urteil vom 06.04.2011, 15 S 14002/09, in einem Rechtsstreit zwischen einem Falschparker und einem bundesweit tätigen Parkraumüberwachungsunternehmen, dem die Ansprüche des Parkplatzinhabers abgetreten worden waren, entschieden, dass die Kosten für eine solche Maßnahme vom Falschparker zu erstatten sind. Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen ersetzt verlangen. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf die Aufwendungen des Geschädigten, soweit er sie nach den Umständen des Falles als notwendig ansehen durfte. Der Schadensersatzanspruch soll die wirtschaftlichen Folgen eines unerlaubten Eingriffs ausgleichen. Dazu können auch Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung bzw. zur Verhinderung des Eintritts eines konkret drohenden Schadens gehören. Erforderlich ist jedoch immer, dass die Aufwendungen die Folge eines bestimmten ersatzpflichtigen Verhaltens sind.

Dies ist auch der Grund, warum viele Besitzer von Parkplatzes davor zurückscheuen, derart vorzugehen. Mithin haben Falschparker auf Privatparkplätzen in aller Regel auch nicht zu befürchten, dass dieses in irgendeiner Weise geahndet würde, insbesondere dann nicht, wenn sie nur wenige Minuten auf dem Privatparkplatz stehen und zu erwarten ist, dass in dieser Zeit so schnell kein Abschleppunternehmen herbeigerufen werden kann. Aus Sparwillen und fehlendem Unrechtsbewusstsein kommt es aber nicht selten vor, dass ein Privat- oder Kundenparkplatz von einer Vielzahl von Kurzzeitfalschparkern blockiert wird, ohne dass der Besitzer des Parkplatzes selbst den von sich erkauften und erhofften Nutzen hätte.

Der Falschparker kann das abgeschleppte Fahrzeug aber erst nach Zahlung oder Hinterlegung des geforderten Betrages herausverlangen. Solange dies nicht geschehen ist, steht dem Abschleppunternehmen bzw. dem Parkplatzinhaber ein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug zu, so dass sie sich nicht im Verzug mit der Fahrzeugrückgabe befinden.

Eine Alternative hierzu kann folgender Weg sein:
Nach § 861 Abs. 1 S. 1 BGB kann man Beseitigung und nach § 861 Abs. 1 S. 2 BGB Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen (AG Augsburg, Urteil vom 20.12.2007, 22 C 5276/07, DAR 2008, 91). Der Beseitigungsanspruch ist bei Kurzzeitfalschparkern aber faktisch wertlos, weil diese den Parkplatz zumeist nach einer kurzen Zeit wieder verlassen. Allerdings kommt ein vom Beseitigungsanspruch unabhängiger Unterlassungsanspruch gem. § 862 BGB gegen den Falschparker zum Tragen (OLG Karlsruhe, Die Justiz 1978, 71; LG Frankfurt/Main MDR 2003, 388; AG Augsburg, Urteil vom 20.12.2007, 22 C 5276/07, DAR 2008, 91; AG Essen, Urteil vom 06.12.2001, 136 C 159/01, DAR 2002, 131). Denn die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen (die sog. Wiederholungsgefahr), also die Sorge, der Falschparker könnte erneut den Parkplatz widerrechtlich nutzen, wird aufgrund der Erstbegehung vermutet (statt vieler BGH, NJW 2004, 1035), der seitens des Falschparkers nur mit einem durch eine Vertragsstrafe gesicherten Unterlassungsversprechen ausgeräumt werden kann (AG Augsburg, Urteil vom 20.12.2007, 22 C 5276/07, DAR 2008, 91). Das AG Frankfurt/Main bejaht die Wiederholungsgefahr sogar dann, wenn der Falschparker mehr als 300 km vom Tatort entfernt wohnt (Urteil vom 07.05.2008, 29 C 231/08-85).

Durch entsprechende Abmahnungen könnte man folglich auch diesen sog. Kurzzeitfalschparkern beikommen, indem man die entsprechenden Parkplätze etwa durch Videokameras überwacht, wobei dies durch Hinweisschilder kundgetan werden sollte.

Die Halter, die zumindest Mitstörer (BGH, Urteil vom 21.09.2012, V ZR 230/11) sind, lassen sich über eine Auskunft über die Zulassungsstelle ermitteln. Auch diese Kosten sind selbstredend durch den Falschparker zu erstatten.

Nimmt man anwaltliche Hilfe in Anspruch, um sich keine unnötige Arbeit mit dem Verfassen der Abmahnungen, der Ermittlung der Störer und dem Überwachen der Reaktionen zu machen, entstehen zudem Gebühren. Diese berechnen sich aus der üblichen Jahresmiete für einen solchen Parkplatz, so dass die außergerichtliche Vertretung bei einem Stellplatz für 50,00 €/Monat 147,56 € kostet, was nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls der Störer zu tragen hat. Gibt der Falschparker keine Unterlassungserklärung ab, kann man über eine einstweilige Verfügung vorgehen so dass dafür kein Prozesskostenvorschuss gezahlt werden muss. 

Hinweis: Weiteres Unternehmerwissen finden mib Mitglieder  hier (Login erforderlich!)